Über Geschmack kann man bekanntlich nicht streiten. Deshalb ist es auch nicht so einfach, als Wohnungseigentümer gegen eine Gestaltung der gemeinschaftlichen Gartenanlage zu klagen, die einem nicht gefällt. Das zeigt ein Rechtsstreit, mit dem sich jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) auseinandersetzen musste. Die Richter beurteilten die Lage äußerst nüchtern und sachlich.
Karlsruhe. Wenn eine bauliche Veränderung im Garten einer Wohnungseigentumsanlage mit den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung zur Gartengestaltung vereinbar ist, handelt es sich dabei nicht um eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage. Damit können Miteigentümer, denen die Veränderung nicht gefällt, sie nicht vor Gericht wegklagen. Dabei ist ein Gedenkstein durchaus mit dem Zweck eines Ziergartens vereinbar. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden (Urteil vom 11.10.2024, Az.: V ZR 22/24).
Das Urteil fiel in einem Rechtsstreit, der sich in Leipzig abgespielt hatte. Dort war im Garten einer Wohnungseigentumsanlage ein Gedenkstein aufgestellt worden – zur Erinnerung an einen früheren Miteigentümer der Gemeinschaft, der zugleich auch als Oberbürgermeister der Stadt im Gedächtnis bleibt. Den Gedenkstein hatte ein Künstler durch Umarbeiten eines ehemaligen Grabsteins geschaffen.
Miteigentümerin klagte gegen Gedenkstein im Garten
Eine Wohnungseigentümerin aus der Anlage fand den Gedenkstein aber nicht so schön. Sie fand, der Garten sehe durch den Gedenkstein und die hinter dem Grundstück gelegene Kirche wie ein Friedhof aus. Das empfand die Dame, deren Mann gerade verstorben war, als bedrückend. Sie zog gegen den 1,20 Meter hohen Gedenkstein vor Gericht - und ging bis zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Allerdings letztlich ohne Erfolg.
Die Bundesrichter bezogen sich auf die Gemeinschaftsordnung der Anlage. Darin ist der Zweck des Gartens definiert: „Der gemeinschaftliche Garten ist als Ziergarten angelegt“, heißt es dort. „Er soll zur Schönheit des ganzen Hausgrundstückes beitragen. Darüber hinaus dient er der Erholung, dem Spiel und der Ruhe der Hausbewohner und ihrer Gäste.“ Dagegen verstößt die Gartengestaltung mit dem Gedenkstein nicht, befanden die Richter.
Schließlich solle ein Ziergarten vor allem schön sein – und zur Verschönerung könnten auch Skulpturen beitragen. Insofern sei ein solcher, künstlerisch gestalteter Gedenkstein, mit dem Charakter eines Ziergartens vereinbar. Dabei hob der BGH hervor, dass der fragliche Gedenkstein im Verhältnis zum gesamten Garten ziemlich klein ist. Der Garten könne weiterhin unverändert zur Erholung genutzt werden.
BGH: Gedenkstein im Ziergarten geht in Ordnung
Insofern handelt es sich bei der Aufstellung des Gedenksteins nach Überzeugung des BGH auch nicht um eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ausgeschlossen wäre. Auch eine unbillige Benachteiligung der klagenden Eigentümerin vermochten die Richter nicht zu erkennen. Eine solche müsse nach objektiven Maßstäben beurteilt werden und nicht nach dem subjektiven Empfinden der Klägerin, welche den Anblick des Steins bedrückend findet.
Auch die Nähe zur Kirche überzeugte die Richter nicht als Argument gegen diese Gartengestaltung: Da die Kirche ohnehin da ist, prägt sie den Eindruck des Gartens so oder so, ganz unabhängig von dem Gedenkstein, stellte der BGH fest. Das Urteil macht deutlich, dass einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchaus ein weiter Spielraum bei der Gestaltung ihrer Außenanlagen bleibt, den einzelne Miteigentümer nicht einfach aufgrund ihres persönlichen Geschmacks einschränken können.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nach seiner Veröffentlichung nicht mehr aktualisiert wird. Das Veröffentlichungsdatum ist über der Überschrift angegeben.